
Mit dem Antritt einer Position in der oberen Führungsebene bei Verizon übernahm Abby Knowles zugleich die Verantwortung für die Umgestaltung der Softwareentwicklung vom Projekt- zum Produktansatz – ein Führungswechsel, der die Initiative leicht hätte scheitern lassen können.
„Die Führungskraft vor mir war sehr engagiert, und hier kam ich – eine neue Leiterin. Ich hatte keinerlei Erfahrung in der Softwareentwicklung“, erzählt sie.
Abby verfügte zwar über starke Führungsqualitäten und technisches Fachwissen, aber Produktbetriebsmodelle waren für sie Neuland.
Der Wendepunkt kam, als sie erfuhr, wie eine andere Abteilung bei Verizon ein produktorientiertes Modell zum Aufbau von 4G- und 5G-Netzwerken in einigen US-amerikanischen Städten einsetzte – zwei anerkannte Meilensteine in der Telekommunikation.
„Ich habe also sehr schnell an [die Umstellung auf ein Produktmodell] geglaubt und wir hatten wirklich Glück, dass ich mich darauf eingelassen habe“, sagt Abby.
Ihre Intuition war genau richtig.
Die volle Beteiligung von Teams bei Veränderungsprozessen bleibt in der Regel aus, wenn eine neue Führungsperson keine echte Unterstützung und Zustimmung signalisiert –und halbherziges Engagement auf nur einer Organisationsebene kann eine ganze Initiative ausbremsen oder zum Scheitern bringen. Tatsächlich ist dies einer der Hauptgründe, warum etwa 70 % aller Transformationen letztendlich scheitern.
Dieser Beitrag beleuchtet die Schlüsselfaktoren, die nach Einschätzung von Abby Knowles und ihrer Kollegin Archana Prabhu entscheidend waren, um die Unterstützung der gesamten Organisation zu gewinnen, die Dynamik bei der Umstellung auf ein Produktmodell aufrechtzuerhalten und beeindruckende Ergebnisse zu erzielen.
Weitere Informationen: Die wichtigsten Gründe für die Einführung eines Produktbetriebsmodells
Die Erfolgsformel von Verizon
Abby Knowles, damalige Vice President, Global Consumer Technology Planning, Engineering & Transformation bei Verizon, und Archana Prabhu, Sr. Director, Solution Architecture bei Verizon, berichteten auf dem ersten Project to Product Summit im letzten Herbst über ihre Umstellung auf ein produktbasiertes Betriebsmodell. Die Präsentation können Sie sich hier ansehen.
Eine ihrer wesentlichen Erkenntnisse war die folgende:
Die Umstellung von einem projektbasierten auf einen produktorientierten Ansatz ist mehr als nur eine terminologische Veränderung, sondern verlangt eine umfassende Neugestaltung der Organisationsstruktur.
Für diese organisatorische Neuausrichtung waren ein gezieltes Coaching und ein strukturiertes Change Management notwendig. Diese Kombination wurde zu Verizons „Erfolgsformel“, mit der sie Herausforderungen wie die Übergabe von Führungspositionen, eine groß angelegte Veränderung des Mindsets und vieles mehr bewältigen konnten.
Sehen wir uns ihren Ansatz im Detail an.
Zielgerichtetes Coaching
Verizon beschäftigte etwa 37 Coaches in den USA und Indien, die fast 400 Teams und ihre Führungskräfte bei der Bewältigung des Veränderungsprozesses unterstützten, darunter die internen IT-Technologieteams und die Geschäftspartner:innen, die die gleiche Transformation durchliefen.
Zu ihren Aufgaben gehörte die Durchführung von Workshops zur Klärung der Rollen und zur Festlegung der Verantwortlichkeiten für die neuen Titel und Positionen, die im Zuge der Umstrukturierung geschaffen wurden.
Die Coaches halfen den Teams, neue Rollen wie RTE (Release Train Engineer), Product Owner, Produktmanager:in, technische:r Leiter:in, Architekt:in und Entwickler:in/Tester:in zu verstehen und sich an diese anzupassen.
Darüber hinaus boten sie Schulungen für funktionsübergreifende Teams an, in denen die Teammitglieder lernten, Verständnis für die Arbeit ihrer Kolleg:innen zu entwickeln und diese bei Bedarf zu vertreten. Sie haben zum Beispiel einen RTE beraten, wie er beim Testen helfen kann, wenn eine Testerin ausfällt, oder wie eine Testerin vorübergehend die Rolle eines Scrum Masters übernehmen kann.
Weitere Informationen: Einflussnahme ohne Autorität: Wie agile Coaches Daten nutzen, um Veränderungen voranzutreiben
Strukturiertes Change Management
Verizon führte ein strukturiertes Konzept und ein stabiles Framework für das Change Management ein, um den Veränderungsprozess innerhalb der Organisation zu erleichtern. Sie evaluierten die Kennzahlen der Workshops, entwickelten eine Microsite für eigenständiges Lernen, organisierten zahlreiche Gesprächsrunden und ernannten Transformationsbotschafter:innen aus verschiedenen Unternehmensbereichen, darunter sowohl Geschäfts- als auch IT-Teams.
„Wir legen großen Wert auf Kultur, Autonomie und Eigenverantwortung – dennoch sind es die Kennzahlen, die uns dabei halfen, unsere Entwicklung greifbar zu machen“, so Abby.
Sie führten strukturierte Zeremonien wie vierteljährliche Business Reviews, Big-Room-Planning-Meetings (auch bekannt als Program Increment (PI) Planning), ein monatliches Agile-Forum und Product-to-Platform-Sitzungen ein, um die Kommunikation und Koordination zu erleichtern.
Neben Kennzahlen und Meetings lag der Fokus beim Change Management vor allem auf Talent- und Karriereentwicklung, um die Bedenken der Mitarbeiter:innen hinsichtlich ihrer Zukunft in der neuen Organisationsstruktur auszuräumen.
„Wir haben mit der Personalabteilung zusammengearbeitet, um das Prinzip der ‚Community of Practice‘ einzuführen. Dabei handelt es sich im Grunde um Gruppen von Menschen mit einem bestimmten Fachgebiet oder einer bestimmten Qualifikation, die in diesem Rahmen voneinander lernen, gemeinsam wachsen und Erfahrungen austauschen können. Andere an diesem Bereich interessierte Personen können ebenfalls den Communitys beitreten und ihre Kompetenzen ausbauen“, erklärt Archana.
Weitere Informationen: Warum proaktives Change Management der richtige Ansatz für die Transformation ist (Teil 1)
Erfolgsergebnisse dank Engagement der Führungskräfte
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Transformation war, dass die Führungskräfte die Organisationsstruktur selbst entworfen haben. So betont Abby: „Der Prozess ist so viel erfolgversprechender, wenn alle Führungskräfte daran beteiligt sind.“ Dieser kollaborative Ansatz bei der Organisationsentwicklung sorgte für mehr Unterstützung und Verantwortungsgefühl.
Einzelgespräche mit Führungskräften erwiesen sich als effektiver als größere Foren. Sie ermöglichten eine transparentere Kommunikation und halfen dabei, engagierte Kolleg:innen zu ermitteln, die bei der Bewältigung von Herausforderungen in anderen Bereichen Unterstützung leisten konnten.
Der strukturierte Ansatz hat zu beeindruckenden Ergebnissen geführt, darunter:
- 66 % mehr Durchsatz
- bessere Verwaltung der Kapitalausgaben
- schnellere Wertschöpfung
- 49 % höhere Release-Qualität
Trotz dieser beachtlichen Erfolge setzt Verizon alles daran, die Strukturänderungen in der Organisation zu festigen und das, was sie begonnen haben, in den nächsten Jahren auszubauen und die Zusammenarbeit zwischen den Teams weiter zu verbessern.
Gestalten statt Abwarten: Veränderung gezielt steuern
Coaching und Change Management sind nur zwei der Elemente, die Abby und Archana auf dem Project to Product Summit thematisiert haben. Ihre vollständige Präsentation – „Align Your Organization with Your Product Vision: A Verizon Story“ – können Sie sich on demand ansehen.
Folgende Themen wurden unter anderem diskutiert:
- Ausrichtung der Teams, Prozesse und Governance auf die Produktvision für eine Vernetzung des gesamten Unternehmens
- Verizons umfassender Ansatz für die Talententwicklung, einschließlich kompetenzübergreifender Schulungsmöglichkeiten und neuer Karrierewege
- die entscheidende Bedeutung eines vertrauensvollen psychologischen Umfelds im Transformationsprozess, in dem Teams ehrliches Feedback geben können
- Strategien zur Vernetzung von getrennten Geschäfts- und Technologieorganisationen trotz unterschiedlicher Führungsstrukturen
Sehen Sie sich die Präsentation hier an. Sie wollen noch mehr erfahren? Laden Sie sich Ihr Exemplar des State-of-the-Industry-Berichts 2024 „Von Projekten zu Produkten“ herunter, um die neuesten Forschungsergebnisse rund um das Thema Produktbetriebsmodelle zu erhalten.